Spätestens nach dem fünften Mal nervt es einfach nur noch. Wie eine aggressive Rapper-Combo bauen sich vier Gestalten auf dem Bildschirm auf und präsentieren stolz ihre futuristischen Gewehre. Sie recken die geballten Fäuste in die Höhe, klatschen sich ab und tänzeln herum. Wir haben hier nicht etwa einen klischeebeladenen Ghettofilm vor uns, sondern zocken die Mehrspieler-Beta von Halo 5: Guardians.
Und da müssen wir uns die kurzen Videoschnipsel mit den Spartan-Soldaten tatsächlich vor und nach jedem Match zu Gemüte führen. Was cool wirken soll, ist nach den ersten Runden schlicht nervig und lässt uns eher fremdverschämt den Blick vom Bildschirm wenden. Das »Bro-Gehabe« ist aber längst nicht das Einzige, was uns an der Mehrspieler-Beta von Halo 5 stört.
Die neue Halo-Dynamik
Entwickler 343 Industries ließ Käufer der Halo: Master Chief Collection vom 29. Dezember bis zum 18. Januar an der Beta-Fassung zu Halo 5: Guardians teilhaben. Die Herausforderung könnte größer nicht sein, schließlich will man die Fans der alten Teile ebenso zufrieden stellen wie Serienneulinge. Schon nach den ersten Sekunden ist klar: Auch Halo 5 hat das vertraute Serien-Spielgefühl, wenn auch etwas modifiziert. Die Steuerung ist einmal mehr herausragend und äußerst präzise, auch wenn wir im Vergleich zu den Vorgängern die Sensitivität der Sticks etwas höher stellen mussten.
In Halo 5 sind die Spartaner deutlich agiler, was vor allem am neuem Thruster Pack liegt. Den hat jeder Soldat standardmäßig auf dem Rücken und kann damit auf Knopfdruck nach vorne, hinten oder zu den Seiten »dashen«. Das Thruster Pack hat uns das ein oder andere Mal das Leben gerettet, da wir mit seiner Hilfe oft im letzten Moment hinter ein Hindernis preschen konnten. Die neue Clamber-Funktion, mit der wir uns an Kanten hochziehen können, erinnert stark an Titanfall und erwies sich in unseren zahlreichen Beta-Matches als extrem nützlich. Nachteil: Die Map-Kontrolle fällt uns nun nicht mehr so leicht, weil wir uns selbst auf hohen Positionen nicht wirklich sicher fühlen können.
Das hängt allerdings auch mit der Sprintfunktion zusammen: Jeder Spieler kann grundsätzlich unbegrenzt sprinten. Damit nicht alle wie blöde durch die Gegend rennen, wird der Sprint mit der deaktivierten Aufladefunktion des Schildes ausbalanciert, der Energieschild lädt sich also nicht auf. Wenn wir schnell unterwegs sind. Das gefällt uns recht gut, allerdings nervt es, wenn wir ein Duell schon fast gewonnen glauben, der Gegner aber im letzten Moment noch flüchten kann.
Durch die Sprintfunktion wirkt das Spielgeschehen deutlich dynamischer, was vor allem dann auffällt, wenn man nach einer Session Halo 5 wieder die Halo: The Master Chief Collection einwirft. Partien in Halo 2 Anniversary und Co. wirken dann fast wie ein Ballertrip auf Valium.
Die Entwickler von 343 hatten vor der Beta betont, alle Spieler mit den gleichen Bedingungen in ein Match zu schicken. Die umstrittenen, wählbaren Spartan Abilities aus Halo 4 fallen in Halo 5: Guardians also weg - gut! Blöd nur, dass die neuen Bewegungsfähigkeiten unserer Meinung nach ebenso witzlos sind.
Die aus dem Sprint ausführbare Rammattacke verursacht zwar ordentlich Schaden beim Opfer, aber warum zum Teufel zoomt die Kamera in die Third-Person-Ansicht, wenn man den Angriff ausführt? Da ist es meist sinnvoller, den Gegner mit der Waffe anzugreifen.
Mithilfe des Thruster Packs können wir uns auch in der Luft stabilisieren und die Gegner so aus erhöhter Position unter Feuer nehmen. Dumm nur, dass man in dieser Zeit leichter zum Ziel wird als ein übergewichtiges Reh mit zu kurzen Beinen und Zielscheibe auf dem Hintern.
Komplettiert wird das Spartan-Ability-Paket durch den Ground Pound: Er wird im Sprung aufgeladen, bevor der Spartan wie ein düsengetriebener Amboss auf den Boden donnert und im Idealfall einen spektakulären Kill landet. Die Beta-Praxis hat allerdings gezeigt: Niemand mag den Ground Pound. Das liegt vor allem daran, dass wir ähnlich wie bei der Thruster-Stabilisierung ein viel zu leichtes und verwundbares Ziel abgeben, außerdem funktioniert die Kollisionsabfrage nicht sehr präzise. Ob wir einen Gegner erledigen oder nicht, ist deshalb selbst bei einem direkten Treffer völlige Glückssache.
Für die Vollversion von Halo 5 darf 343 die Spartan Abilities gerne auf den Dash beschränken und den Rest weglassen. Wir sind uns sicher: Ihn würde niemand vermissen
Ich will mich nicht sterben sehen!
Und wo wir gerade schon am Meckern sind: Was hat eigentlich die Killcam in Halo verloren? Schon in Halo 4 war sie bei der Community mit Pauken und Trompeten durchgefallen. Umso erstaunlicher, dass sie in der Beta von Halo 5 ihre Rückkehr feiert. Einen Nutzen sehen wir darin nicht: Anders als in Call of Duty dauern Duelle in Halo nämlich deutlich länger und man weiß meistens ohnehin genau, warum man das Zeitliche gesegnet hat.
Dazu wirkt die Killcam in der Beta noch recht verbuggt, setzt nur einen Bruchteil vor der entscheidenden Szene ein und reißt uns zudem für einige Momente komplett aus dem Spielgeschehen. Die Entwickler führten bereits das Argument an, man könne mit der Killcam das Spiel besser erlernen. Das zweifeln wir an und empfehlen eher, Streams von Profispielern im Internet zu verfolgen.
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