Vom Simulationsschwergewicht zum Arcade-Raser: Die GRID-Reihe hat innerhalb der ersten beiden Teile einen U-Turn hingelegt, wie ihn Rennfahrer Ken Block nicht besser fertiggebracht hätte. Die verärgerten Fans möchte Codemasters nun wieder zurückgewinnen - nur ein Jahr nach Teil zwei.
Wie so oft ist von der Besinnung auf alte Stärken die Rede. Und in der Tat: Wir finden in GRID Autosport wieder deutlich mehr Simulation. Und sogar eine Cockpitperspektive. An anderer Stelle spart Codemasters dafür aber kräftig ein. Ob der Hersteller damit nicht mehr Fans vergrault als zurückgewinnt?
Fisch und Fleisch
Spiele wie Need for Speed oder Burnout sind zwar optisch nah an der Realität, spielerisch dafür aber so weit davon entfernt wie ein VW Polo in Sachen Pferdestärken und Preis von einem Porsche 911. Wer es auch in Sachen Fahrverhalten realistisch mag, der greift zu Gran Turismo oder Forza Motorsport.
Man weiß, was man kriegt. Bei GRID hingegen nicht: Die Reihe steckte erst in der Forza-Schublade, dann in der von Need for Speed. Und jetzt siedelt sich das Spiel irgendwo dazwischen an. Allerdings mit einer gewissen Flexibilität in beide Richtungen. Denn die Entwickler erlauben uns in GRID Autosport nun wieder, einzelne Einstellungen über den Schwierigkeitsgrad zu ändern.
Das bedeutet für uns: Sind wir mehr die NfS-Typen, schalten wir den Schaden auf »Optisch« und vertrauen auf Fahrhilfen wie die Traktionskontrolle und das ABS - Letzteres schließt Stabilitätskontrolle sowie Lenk- und Kurvenhilfe ein. Wer in Sachen Authentizität dagegen alles aus GRID Autosport herausholen will, schaltet die genannten Fahrhilfen ab und stellt auf manuelles Getriebe um. Und schon kommen wir sehr nah an das heran, was Race Driver GRID seinerzeit simulationstechnisch geleistet hat: intensive Rennen und verbissene Positionskämpfe mit der guten KI - dazu aber später mehr.
Fehler verzeiht Autosport im Simulationsmodus nicht. Eine Unachtsamkeit, schon landen wir im Kiesbett. Oder noch schlimmer: an der Betonwand. Wenn es blöd läuft, verdreht sich dann auch noch was an der Achse und wir fahren dank des gewohnt realistischen Schadensmodells den Rest des Rennens mit einem Linksdrall. Ausbügeln können wir solche folgenschweren Fahrfehler nur mit der Rückspulfunktion - über die Schwierigkeitseinstellungen bauen wir pro Rennen bis zu fünf Rewinds ein.
Auch Tuning ist wieder möglich: Wir stellen die Bremskraftverteilung, das Differenzial, den Abtrieb, die Übersetzung und die Front- und Heckaufhängung in bis zu 20 Stufen ein. Auch ein paar Upgrades können wir im Spielverlauf in unsere Autos einbauen. Eine optische Anpassung der Karren erfolgt nur durch vorgegebene Lackierungen. Einen Editor für eigene Designs oder Detailveränderungen am Auto gibt es nur im Onlinemodus.
Wo ist die Multiplayer-Wertung?
Weil wir GRID Autosport vor dem offiziellen Release getestet haben, konnten wir den Multiplayer-Modus bislang nicht unter Realbedingungen testen. Online verdienen wir uns Geld in Form einer Ingame-Währung, mit der wir neue Fahrzeuge erwerben und diese dann per optischem Tuning individuell gestalten können. Ein Nachtest der Onlinefunktionen folgt nach Release des Spiels.
Verbockte Rückkehr
Ein großer Kritikpunkt an GRID 2 war die fehlende Cockpitperspektive. Die gute Nachricht: Die ist nun wieder da. Die schlechte: Kaum einem werden die beiden neuen Innenansichten gefallen. Die Macher haben nämlich einen Unschärfefilter über die Armaturen gelegt. Lenkrad, Tachometer, Rückspiegel und Co werden dadurch so weit unkenntlich gemacht, dass keiner etwas davon hat.
Außer einer verkleinerten Sicht auf die Strecke bringt die Wiedereinführung der Cockpitperspektive also gar nichts. Dabei trägt doch gerade die viel zum Realismus bei: ein Blick auf die originalgetreuen Anzeigen, aufs Tachometer, in die Außenspiegel. Nun wird aus der fehlenden eine misslungene Cockpitperspektive. Keine Verbesserung.
Große Auswahl
Eine klassische Stärke der GRID-Reihe ist die Vielseitigkeit, und Autosport bildet da keine Ausnahme: Fünf Rennklassen plus Unterkategorien stehen zur Auswahl. Da wären zum Beispiel die Straßenrennen, in denen es auf schön gestalteten Stadtstrecken etwa durch Barcelona, San Francisco oder Washington geht. Unsere Favoritenklasse, denn die Fantasiestrecken strotzen nur so von herausfordernden Kurven und fiesen Verengungen - da ist fahrerisches Können gefragt!
Und die Fahrzeuge in dieser Klasse sind schön durchgemischt, sodass wir uns je nach Automarke und Pferdestärken auf ein anderes Fahrverhalten einstellen müssen. Klar, ein Pagani Huayra braucht um eine enge Kurve deutlich mehr Fingerspitzengefühl als ein Golf oder Ford Focus. Dafür zieht er auf langen Geraden aber auch mal locker an ihnen vorbei.
Spannend sind zudem die Open Wheel-Rennen, in denen F1-Stimmung aufkommt: Wir heizen etwa mit Fahrzeugen wie dem Dallara Indycar oder dem F312 (Formel 3) desselben Herstellers über bekannte Strecken wie den Hockenheimring, den Yas Marina Circuit oder den neuen Red Bull Ring in Österreich.
In der Endurance-Klasse zählt das Durchhaltevermögen: Bis zu 40 Minuten dauert hier ein Rennen, je nach Einstellung. Die entsprechenden Fahrzeuge, wie der edle Flitzer 12C GT3 von McLaren, werden hier genauso an ihre Grenzen getrieben wie unsere Konzentrationsfähigkeit hinter dem Steuer. Schade jedoch, dass wir eine Session nicht wie im ebenfalls von Codemasters stammenden F1 2013 während eines Rennens zwischenspeichern können. Wer eine Pause machen möchte, muss die Konsole derweil weiterlaufen lassen. Ein 40-Minuten-Rennen am nächsten Tag weiterzuspielen, dürfte für die meisten also nicht in Frage kommen.
Die beiden verbleibenden Klassen sind Touring und Tune, in Letzterem geht's beispielsweise ums Driften. Wir sammeln Punkte, indem wir möglichst stilvoll um die Kurve schlittern. Die Handhabung der Driftkarren, etwa des Dodge Challenger SRT8 392, ist allerdings gewöhnungsbedürftig und dementsprechend anspruchsvoll.
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