Weltall ohne Ende - No Man's Sky, bitte lass mich endlich sterben

So viele Möglichkeiten, so viele Abenteuer, die es zu erleben gibt. Doch einen Schlussstrich erlaubt No Man’s Sky nicht unter die eigene, selbstgeschriebene Geschichte zu setzen – und das stört Dom sehr.

Nicht einmal am Mittelpunkt der Galaxie finde ich ein befriedigendes Ende. Nicht einmal am Mittelpunkt der Galaxie finde ich ein befriedigendes Ende.

No Man’s Sky bietet mir so viel, nur eines nicht: Ein Ende. Unzählige Galaxien sind vollgestopft mit den buntesten Planeten, die allesamt eigene Ökosysteme, Tierstammbäume, Artefakte und Ressourcenfelder beherbergen. Überall lockt das Abenteuer, nach jedem Warpsprung buhlen neue Planeten um meine Aufmerksamkeit. Es gibt keine echten Quests, keine aufdringliche Geschichte, kein störender roter Faden - nur mich und meine Neugierde, die in der grenzenlosen Welt von No Man’s Sky einen fruchtbaren Nährboden gefunden hat. Und so wuchs meine Neugierde und ließ Spielstunde um Spielstunde verstreichen, bis sich diese längst in den höheren zweistelligen Bereich schrauben konnte. Enttäuscht hat mich die Spielwelt nie.

Ich flog über ein endloses, giftgrünes Meer, wurde von meterhohen Robotern gejagt, entdeckte die seltsamsten Kreaturen und gab ihnen die phantasiereichsten Namen. Ich hinterließ meinen Fußabdruck auf so vielen Planeten, dass ich irgendwann zu zählen aufgehört habe. Ich stieß auf Aliens, lernte ihre Sprache, entdeckte verlorene Artefakte und Siedlungen. Ich habe meine Zeit bis auf die letzte Minute sehr genossen, aber jetzt will ich diese Welten verlassen. Neue Spiele locken mich und meine Neugierde ist gestillt. Danke Hello Games, es war ein toller Ritt, trotz allem.

Aber wo ist hier eigentlich der Ausgang?

Es strotzt nur so vor Ironie, aber in dieser grenzenlosen Welt der spielerischen Freiheit bin ich meiner Freiheit beraubt worden, “Tschüss!” zu sagen. Es gibt keinen Abspann, kein Drama in fünf Akten, keine Spannungskurve, die irgendwann einmal endet. Ich bin der Regisseur meines eigenen Abenteuers, das ist die Vision von No Man’s Sky, doch enden lassen wollte Sean Murray dieses grenzenlose Universum offenbar nicht.

Natürlich: Nichts hält mich davon ab, den Home-Button auf meinem Controller zu drücken, die laufende Anwendung zu beenden, die DVD aus der Konsole und in das Handbuch gleiten zu lassen, das gleichzeitig als Disk-Hülle dient. Aber was wäre das für ein Ende meiner Reise, die vor zig Stunden auf einem Eisplaneten begann und mich durch dutzende Galaxien geführt hat? Ich bin der Doctor Who von No Man’s Sky geworden, Alien-Zivlisationen erzählen Geschichten über mich und ganze Tierpopulationen verdanken nur mir ihren Namen. Ein solches abruptes Ende würde sich wie das Ziehen des Steckers anfühlen, das dem Haus, das eben noch hell leuchtend am Straßenende mit einer aufwändigen Lightshow prahlte, plötzlich den Saft abdreht. Nein, das ist kein würdiges Ende für die Abenteuer von Captain Buzz Lightdom – aber welches ist es dann?

Dom Schott@R3nDom
Dom hat unzählige Abenteuer in den Weiten des Weltalls erlebt und ist trotz aller Kritik froh darum, dass No Man’s Sky so ist, wie es ist. Allmählich aber geht der Reiz verloren, der ihn wochenlang von Galaxie zu Galaxie jagte, doch einen würdigen Abschied vergönnt ihm das Spiel nicht. So groß die spielerische Freiheit auch ist, so grenzenlos das Universum auch sein mag, über das eigene Schicksal darf in No Man's Sky nicht mitbestimmt werden.

Und so manifestiert sich langsam, erst schleichend, dann immer lauter, ein Wunsch in mir: Ich möchte sterben, auf meinem Lieblingsplaneten, an meinem Lieblingsplatz, mitten in der Unendlichkeit von No Man’s Sky. Ich will meine Geschichte zu einem Ende führen, einen letzten Sternschnuppenhagel zurücklassen, ein letzter großer Knall – und welcher Weg würde mich noch direkter zu diesem Ziel führen als der virtuelle Tod? Es wäre ein Schlussstrich, der mich frei macht für neue Spiele, neue Abenteuer.

Aber No Man’s Sky lässt mich nicht. Jeden erfolgreich geleerten Lebensbalken bestraft Hello Games mit einem Respawn am letzten Checkpoint und die Spielwelt tut, als wäre nichts gewesen. Klassische Videospielschule, der Limbus der Unsterblichkeit. Es ist eine grausame Seite, die No Man’s Sky jetzt zu erkennen gibt: Es entlässt mich nicht mehr aus meinem Forscherdrang, es gesteht mir kein Ende meiner Reise zu, immer muss es weiter gehen. Aber ich bin ausgebrannt, ich habe genug. Ich kann kein Plutonium mehr sehen, ich will keine Tiere mehr scannen, ich habe kein Interesse mehr an einer neuen Entdeckung.

Ich will hier weg, ich will virtuell sterben und die Welt von No Man’s Sky ein für allemal mit einem dicken, geschwungenen Schlussstrich hinter mich lassen. Aber das lässt dieses Spiel nicht zu. No Man’s Sky ist endlos und hat nicht vor, mir den Weg zum Ausgang zu zeigen. Für mich ist das der größte Makel dieser beeindruckenden Vision von Hello Games, der meinen Blick zu den Sternen wohl für immer trüben wird.

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