The Last Guardian - Wir fragen uns: Kann eine schlechte Steuerung auch etwas Gutes sein?

Wenn es um die Charaktere und Emotionen geht, weiß The Last Guardian zu überzeugen. Doch in technischer Hinsicht hat das Spiel so eine Probleme, vor allem die Steuerung liegt vielen Spielern schwer im Magen. Aber ist das wirklich so schlimm?

The Last Guardian The Last Guardian

Es hat lange gedauert, aber nach endlosen Verzögerungen und zwischenzeitlichen Totsagungen hat es The Last Guardian nun doch noch zur Veröffentlichung geschafft. Die Pressestimmen sind positiv und auch die Spieler scheinen zufrieden zu sein. Aber einen großen Kritikpunkt gibt es dann doch: Die unverschämt ungenaue Steuerung.

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Auch Tim und mir ist das aufgefallen, aber wenn wir ehrlich sind, fanden wir das im Endeffekt gar nicht so schlimm, ganz im Gegenteil sogar. Warum wir solche Dinge sagen und was dahintersteckt, könnt ihr in der folgenden Diskussion nachlesen, die so garantiert nie stattgefunden hat.

Tim & Hannes & die Steuerung von The Last Guardian

Hannes: So, ich habe jetzt etwa 6 Stunden gespielt und ehrlich gesagt habe ich das Gefühl, dass ich das HD-Remaster zu einem Spiel spiele, dass es nie gegeben hat. The Last Guardian ist gerade erst erschienen und trotzdem nicht gut gealtert. Wie ist dein Eindruck bisher?

Tim: Ja, was die Technik angeht, kommt das Spiel ein gutes Stück zu spät. Wobei es eigentlich noch schlimmer ist. Selbst vor neun oder zehn Jahren hätte ich mich über die Kamera und die Steuerung geärgert. Und trotzdem will ich unbedingt weiterspielen.

Fehltritte und Ausrutscher sind in The Last Guardian an der Tagesordnung. Fehltritte und Ausrutscher sind in The Last Guardian an der Tagesordnung.

Hannes: Ich kann mich noch gut an ICO und Shadow of the Colossus erinnern und habe exakt dieselbe schwammige Steuerung vor Augen. Bei all der langen Entwicklungszeit frage ich mich, ob da nicht irgendwo, irgendwann einmal die ganz bewusste Entscheidung getroffen wurde, dass der Junge aus The Last Guardian von jeder Treppe fallen muss, die er betritt.

Tim: Da bin ich mir gar nicht so sicher. Aber so oder so ist mir was beim Spielen aufgefallen. Mit all seinen Fehlern ist The Last Guardian für mich das interessantere Erlebnis. Oder anders gesagt: Ich glaube, wenn es ein "besseres" Spiel wäre, würde es mir nicht mehr so gut gefallen.

Hannes: Ich weiß genau, was du meinst. Für die unglaublich frustrierende Kamera habe ich zwar absolut kein Verständnis, aber die schräge Steuerung des Spiels trägt irgendwie auch zur Atmosphäre bei. Immer wenn ich mich einem Abgrund nähere, schlägt mein Herz etwas höher, da der Junge so tollpatschig wird, dass ich Angst bekomme, er könnte in den Abgrund stürzen.

Tim: Stimmt, erst die Ecken und Kanten geben The Last Guardian Charakter. Bei den Kletterpassagen musste ich übrigens immer wieder an Rise of the Tomb Raider denken. In beiden Spielen hüpfst du über Abgründe oder hangelst dich an bröckelnden Felswänden entlang. Nur haben die Entwickler bei Tomb Raider das Gameplay so sauber ausproduziert, dass auch fast jedes Mal passiert, was passieren soll. Ich springe, Lara hält sich irgendwo fest. Ab und zu bricht vielleicht mal ein Skript- oder Quick-Time-Event diese Abfolge auf, aber im Großen und Ganzen bleibt das Spiel berechenbar. "Echte" Gefahr droht Lara nur in den Kämpfen. The Last Guardian ist da anders und deshalb auch spannender.

Die Beziehung zwischen Trico und uns wird auch von den Fehlern des Spiels geprägt. Die Beziehung zwischen Trico und uns wird auch von den Fehlern des Spiels geprägt.

Hannes: Ganz genau, in The Last Guardian habe ich nicht das Gefühl, ich wäre ein professioneller Kletter-Meister wie Nathan Drake, der problemlos selbst die steilsten Klippen bezwingt. Ich spiele einen Jungen, der schon beim Klettern auf dem Kirschbaum wackelige Beine bekommt. Und ich würde auch gar nicht wollen, dass ich effizient und passgenau durch die Ruinen schwingen kann. Immerhin wird es ja auch erst dadurch so richtig spannend, die Level zu erkunden, da eben die Sicherheit fehlt und das Gleichgewicht keine Selbstverständlichkeit ist. Wobei dies nicht die schwache Steuerung entschuldigen soll. Aber so oft sie auch nervt, so oft schafft sie auch Atmosphäre.

Tim: Nicht nur das. Durch seine Macken festigt The Last Guardian auch meine Bindung zu Trico. Anfangs hatte ich noch große Probleme damit, ihm Befehle zu geben - dabei beschränkt sich dieses Feature nur auf ein paar. Oft wusste ich aber einfach nicht, welcher Befehl mir in welcher Lage helfen würde, weil das Spiel mit Erklärungen spart. Zudem hat Trico ja auch seinen eigenen Kopf. Hin und wieder versteht er also, was ich will, kratzt sich jedoch lieber am Kopf. Und ich denke dann, ich hätte den falschen Befehl gewählt. Inzwischen kann ich das alles aber ganz gut abschätzen und fühle mich so, als würde ich Trico irgendwie verstehen.

Hannes: Ich weiß, was du meinst. Die ersten paar Male hatte ich die Erwartung, dass Trico genau das macht, was ich ihm sage, damit ich zum Beispiel problemlos Sprünge anordnen kann. Immerhin gehört das ja auch zu den Zielen des Spiels, irgendwie muss ich ja die Hindernisse überwinden. Im Endeffekt funktionierte das aber meist erst beim 10. Versuch. Die anderen Male ignorierte Trico mich oder verstand mich komplett falsch. Ich glaube nicht, dass das Absicht ist, aber das ungenaue System schafft es dann aber gerade durch seine Mängel, Trico zu einem Tier zu machen und nicht zu einem Roboter.

The Last Guardian - Test-Video zum PS4-exklusiven Abenteuer Video starten 5:07 The Last Guardian - Test-Video zum PS4-exklusiven Abenteuer

Tim: Von der KI mal abgesehen, helfen aber auch die Animationen, um aus Trico ein "echtes" Wesen zu machen. Wie zaghaft er zum Beispiel nach Kisten greift - oder wenn er mich neugierig anschaut und dabei mit den Ohren wackelt, das ist so niedlich. Und nach einem längeren Spielabschnitt habe ich mir solche Momente einfach verdient.

Hannes: Diese Animationen ergeben sich aber oft auch durch kleinere Fehler, weil beispielsweise das Fass nicht genau vor Tricos Nase liegt. Ich glaube, viele Dinge in The Last Guardian hätten weniger Eindruck auf mich gemacht, wenn sie besser funktionieren würden. Irgendwie eine komische Erkenntnis.

Genug geplaudert, wie kommt ihr mit der Steuerung zurecht?

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