Vorweg eine kleine Entwarnung: Nein, in Portal Knights müsst ihr nicht in einer Ritterrüstung diabolische Testkammern einer durchgeknallten Computerintelligenz bestehen (auch wenn wir diese Idee durchaus reizvoll fänden). In Portal Knights ist es unsere Aufgabe, einer in Trümmern liegenden, mystischen Inselwelt beim Wiederaufbau zu helfen.
Der ominöse "Bruch" hat dafür gesorgt, dass die einst heile Welt nur noch aus schwebenden Versatzstücken besteht, die durch ein Netz alter, mystischer Portale verbunden scheint. Die Inseln und ihre Geheimnisse warten darauf, von den namensgebenden Portal-Rittern erkundet zu werden, die die zerschlagene Welt wieder vereinen und von bösen Kreaturen befreien müssen.
Bruch mit Konventionen
Die wichtigste Fähigkeit im Spiel, zerbrochenen Portale zu reparieren, beherrschen alle drei angebotenen Charakterklassen (Ritter, Waldläufer und Magier) in diesem kooperativen Sandbox-Rollenspiel-Mix. Dazu benötigen die Helden Portalsplitter, die in der ganzen Welt verstreut sind und selbstredend von Monstern und fiesen Gegnern entwendet wurden.
Das Erlegen von Feinden sowie der Abbau von Materialen füllen das Inventar mit Rohstoffen, die über ein Baumenü zu Gegenständen, neuen Waffen und Rüstungsgegenständen verwandelt werden. Sammeln wir genügend Portalsplitter, können die Inselportale repariert werden und erlauben die Weiterreise in neue Gebiete und die »Heilung« des Planeten.
Ein großer Unterschied zu sonstigen Action-Rollenspielen ist die quasi nicht vorhandene Beutespirale, die sonst genretypisch für die nötige Motivation sorgt. Die erledigten Gegner in Portal Knights lassen keinen Loot in Form von Waffen und Ausrüstung fallen, sondern spendieren neben Erfahrungspunkten lediglich neue Rohstoffe.
Genau hier liegt der Reiz des Genremix aus Sandbox-Crafting- und Action-Rollenspiel versteckt, an dem die Entwickler ansetzen. Konzentrieren wir uns wie in Minecraft auf den Ressourcenabbau und gehen Kämpfen aus dem Weg, erhalten wir nicht genügend Portalsteine, um auf die nächsten Inseln zu gelangen - ganz ohne Steine klopfen und die Erforschung von unterirdischen Minen geht es in Portal Knights dagegen ebenfalls nicht voran: Dann sind wir auf den Folgeinseln den stärker werdenden Feinden nicht gewachsen, da wir bessere Ausrüstung und stärkere Waffen aus den gesammelten Ressourcen selber herstellen müssen.
Inselhopping mit Stargate-Charme
Die Entwickler arbeiten derzeit bis zum anvisierten Launch Ende April an einer übergreifenden Rahmenhandlung, die das Mysterium hinter dem "Bruch" der Welt in eine Storykampagne packen möchte. Diese war in der uns vorliegenden Version bis auf ein paar questgebende NPC-Charaktere und einer kurzen Introsequenz noch nicht enthalten.
Die Motivation, die Portale zu reparieren, um auf die nächste Insel zu kommen, entsteht jedoch auch bereits ohne Geschichte rein mechanisch: Die neuen Gebiete, Landschaftstypen und Feinde sind nötig, um an die regional gebundenen Materialtypen zu gelangen, die für neu erlernte Baupläne und Rezepte gebraucht werden. Diese erhalten wir durch Levelaufstiege und Upgrades für Werkbänke und Schmelzöfen, die wir in unserer heimeligen Werkstatt im individuell eingerichteten Haus platzieren.
Das Spiel kann komplett im Alleingang bestritten werden, doch eine große Gewichtung soll auf das kooperative Miteinander mit bis zu vier Spielern im Online-Multiplayer gelegt werden. Die bisher nicht vorhandene Story könnte für Solospieler einen zusätzlichen Anreiz bieten, aber es ist offensichtlich, dass das gemeinsame Spielen im Fokus der Entwicklung steht.
In Frankfurt gab es keine Möglichkeit, den Multiplayer auszuprobieren. Nach etwas mehr als einer Stunde war uns beim Umherlaufen auf der Insel als Solist schnell langweilig. Wir hätten uns gewünscht, mit den Kollegen der Presse gemeinsam auf einem Server die Inselwelten erkunden zu können.
Ein Blick in die Community des auf dem PC bereits im Early Access spielbaren Titels zeigt, dass auch dort überwiegend der kooperative Gedanke des Spiels gelobt wird. Gemeinsam können kreative Baumeister die bunte Klötzchenwelt erkunden und die prozedural generierten Inselwelten komplett nach Lust und Laune zerlegen und mit eigenen Bauwerken dank einer großen Auswahl an kosmetischen Objekten verschönern und ausschmücken.
Wie in Minecraft ist der Kreativität der virtuellen Architekten auch hier kaum eine Grenze gesetzt. Steht den Spielern dagegen der Sinn nach etwas mehr Action, können separate Inseln mit Bosskämpfen über die Portale besucht werden. Genau dieser Wechsel zwischen kreativem Gestalten, belohnendem Craften und Action macht Portal Knights so interessant.
Auf vielfachen Wunsch der Early-Access-Community haben die Entwickler bereits einen zusätzlichen, höheren Schwierigkeitsgrad für dies Kampfarenen nachgeliefert. Ein lokaler Splitscreen-Modus für bis zu zwei Spielern soll in der finalen Version ebenfalls angeboten werden.
Das Spiel verlässt den Early-Access-Status auf dem PC am 27. April 2017 parallel zum Release der Konsolenversion für Xbox One und Playstation 4 und wird komplett lokalisiert zum Preis von rund 30 Euro angeboten.
Zwischen den Stühlen
Dem ersten Eindruck nach zu urteilen, gelingt Portal Knights der Spagat zwischen den Genres. Die bunte, facettenreiche wie zerstückelte Inselwelt lädt zum Erkunden ein und die actionreichen Kämpfe und Boss-Gegner lockern das Ressourcensammeln auf. Die drei Klassen mit ihren durch Levelaufstiege wählbaren Spezialisierungen erlauben differenzierte Schwerpunkte im Kampf und fördern den kooperativen Ansatz des Multiplayers.
Das Sammeln von Ressourcen und Herstellen von neuen Gegenständen wirkt nicht aufgesetzt, sondern ergänzt das solide Rollenspiel-Grundkonzept sinnvoll, denn nur so gelangen Spieler an bessere Waffen und Rüstungsgegenstände.
Was Portal Knights bisher fehlt ist neben der angekündigten Story-Kampagne ein wenig Eigenständigkeit. Alle Elemente sind bekannten Vorbildern entnommen, ohne sich bisher in der Summe zu etwas wirklich Neuem zu formen. Portal Knights ist in dieser Form ein sehr familienfreundliches Action-RPG mit starkem Fokus auf Kooperation und wird vermutlich vor allem Jugendliche und Rollenspiel-Einsteiger ansprechen. Bis April haben die Entwickler noch Zeit, der soliden, durchaus unterhaltsamen Grundlage ihre persönliche Note aufzudrücken.
Sollte dies gelingen, könnte sich der Titel in die Herzen einer vielleicht kleinen, aber feinen Zielgruppe spielen. Portal Knights wird weder das "neue" Minecraft noch in die Verkaufsregionen eines Zelda-Titels emporklettern – dazu fehlt dem Titel schlicht eine große Portion Eigenständigkeit. Als Koop-Geheimtipp und familienfreundlicher Nischentitel wird sich das Spiel des deutschen Entwicklers aber mit Sicherheit rumsprechen.
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