Mighty No. 9 im Test - Mega Man ist zurück – irgendwie.

Ein Kickstarter-Millionenerfolg ist endlich fertig. Mighty No. 9 soll im Test den Flair der alten Mega-Man-Spiele zurückbringen. Gelingt das?

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Mighty No. 9: Der Kickstarter-Hit im Test. Kehrt mit dem Spiel der Glanz alter Mega-Man-Klassiker zurück? Mighty No. 9: Der Kickstarter-Hit im Test. Kehrt mit dem Spiel der Glanz alter Mega-Man-Klassiker zurück?

Mighty No. 9 ist eines der Spiele, bei dem ich als Tester direkt zu Beginn des Review-Artikels einen Disclaimer vorwegschicken muss: Ich. Liebe. Mega Man! Und ich verwende das Wort »Liebe« weniger inflationär als viele amerikanische Branchenkollegen, die bei quasi allem ein obligatorisches »Oh my god, I totally love it!« quittieren. Mega Man hat diesen ganz speziellen Platz in meinem Fan-Herzen, das nur Spiele kriegen können, mit denen man von klein auf groß geworden ist. Ich habe die Klassiker auf dem NES mitgenommen, dann deren Gameboy-Adaptionen (Mega Man 5!), dann die »cooleren« Mega-Man-X-Teile auf SNES und PSX bis hin zu den letzten großen Nachfolgern (Mega Man Zero auf Game Boy Advance und Mega Man X8 auf PS2).

Mighty No. 9 ist also wie für mich gemacht - ich bin sozusagen das ideale Zielpublikum. Und da stehe ich nicht allein da: Mighty No. 9 hat im Rahmen seiner Crowdfunding-Kampagne sagenhafte 4 Millionen Dollar von knapp 70.000 Fans eingefahren. Das hat seine Gründe - das Kickstarter-Vorzeigeprojekt stammt schließlich vom Mega-Man-Schöpfer Keiji Inafune und soll den speziellen Charme der legendären Plattformer-Serie in der Gegenwart wiedererwecken. Fans wie ich warten seit Jahren auf einen würdigen Erben von Mega Man, wir haben die Nase voll von aufgewärmten Anthologien alter Teile.

Mighty No. 9 will in dieser Nachfrage-Kluft ein Statement setzen. Und nach gefühlt 1.000 schmerzhaften Release-Verschiebungen halte ich jetzt endlich das fertige Spiel in meinen Händen. Beim Testen merke ich, dass Mighty No. 9 sich tatsächlich wie eine Wiedergeburt des 80er-Klassikers anfühlt. Und das ist gleichzeitig das größte Problem des Spiels.

Was muss ein Mega-Man-Erbe eigentlich leisten?

Also, halten wir fest, was ein gutes Mega-Man-Spiel überhaupt ausmacht. Schließlich muss man ja erstmal wissen, was Mighty No. 9 überhaupt wiederbeleben soll, bevor man drüber reden kann, wie gut das letztlich gelingt. Fans erwarten ein schnelles Jump & Run, bei dem das geschickte Überwinden von Abgründe, Fallen und Hindernissen genauso wichtig ist wie das Abknallen von diversen Robo-Gegnern. Und wichtig: Das »Platforming« der Mega-Man-Serie konnte stets mit enormer Präzision in der Bedienung trumpfen - auch wenn die Ableger in der Regel extrem schwierig zu meistern sind, lag es selten an einer fummeligen Steuerung, sondern (zu meinem Leidwesen) am eigenen Versagen.

Ebenfalls wichtig: Am Ende der kniffligen Stages muss ein Bossgegner warten, der mir alles abverlangt. Nach dem Sieg kriege ich dessen Spezialfähigkeit, beispielsweise eine Feuerwaffe, die ich fortan nach Belieben auswechseln und gegen die kommenden Endgegner einsetzen kann. Und nicht zu vergessen: Diese Spielmechanik sollte in ein liebevolles, charmantes Artdesign eingebettet sein, das mit Ohrwurm-Soundtrack und ebenso stimmigen wie innovativen Figurendesigns begeistert. Obwohl die Story in den meisten Mega-Man-Spielen kaum eine Rolle spielt, sind viele der Robot-Master-Endgegner nicht ohne Grund in die Geschichte eingegangen.

Vergleicht man diese Anforderungen mit Might No. 9, dann kann man einen Haufen Häkchen hinter die Checkliste setzen. Im Spiel schlüpfe ich in die Rolle des kleinen Roboters Beck (nicht Rock), der das neunte Modell einer Kollektion hochentwickelter Androiden ist, die der geniale Erfinder Dr. White (nicht Light) entworfen hat. In der nahen Zukunft drehen diese Maschinen aber aufgrund einer geheimnisvollen Manipulation plötzlich durch und richten Chaos in meiner Stadt an. Beck bleibt als einziger Super-Robo von dem Virus verschont und macht sich auf, seine eigenen Brüder und Schwestern aufzuhalten.

Wo steckt Dr. Wily?

Mighty No. 9 hat mehr Zwischensequenzen, als es dem Spiel gut tut. Die Story entspricht im Prinzip eins zu eins der Manga-Vorlage des ursprünglichen Mega Man, wirkt deshalb in vielerlei Hinsicht wie eine mehr oder weniger plumpe Kopie und erzeugt an keiner Stelle Spannung. Die Charaktere bleiben blasse Abziehbilder ihrer Vorbilder und der Humor zündet eigentlich an keiner Stelle. Klar, man sollte ein Jump & Run natürlich nicht an der Story aufhängen, aber trotzdem will ich hier erwähnen, dass Mighty No. 9 in dem Aspekt ziemlich unterdurchschnittlich abschneidet. Die Geschichte hat den Gehalt eines NES-Mega-Man (also einen sehr simplen), gibt ihr aber so viel Raum wie ein Mega Man X (das eine ziemlich coole Anime-Story inszeniert) - und es verliert sich irgendwo dazwischen, ohne je den richtigen Nerv zu treffen.

Das Spiel hätte sich einen Gefallen getan, im Character- und Storydesign mehr eigene Ideen zu wagen, statt bei der Original-Lizenz abzukupfern. Klar, Fans wollen eine Wiedergeburt von Mega Man - aber muss die sich denn story-mäßig wirklich wie ein Klon anfühlen? So oder so, Mighty No. 9 schafft es in seiner Aufmachung nicht, eine wirklich eigene Identität zu entwickeln. Aber das muss ja nichts heißen, schließlich geht's bei einem Platformer vordergründig um die spielerischen Stärken.

Und hier sind die Parallelen ebenfalls nicht von der Hand zu weisen: In Mighty No. 9 muss ich acht Stages bewältigen, über Abgründe hüpfen, Gegner abballern, Fähigkeiten von Boss-Gegnern klauen und - ganz wichtig - ihnen die Kerzen ausblasen. Allerdings bringt Beck die Endgegner nach dem Sieg durch einen eingebauten Anti-Viren-Scanner zurück auf seine Seite. In der Summe spielt sich das alles wie ein klassisches Mega Man, mit Ausnahme der Dashs und Kombos.

Mighty No. 9 - Trailer zu den Spielmodi Video starten 1:28 Mighty No. 9 - Trailer zu den Spielmodi

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