Wenn es um das Thema Nacht geht, dann stehen sich Hannes und Linda wie Jedi und Sith gegenüber. Während Hannes von den dunklen Stunden eher genervt ist, schätzt Linda die Art von spielerischer Herausforderung, die so mancher Sonnenuntergang mit sich bringt. Ein Streitgespräch über das Für und Wieder der Nacht in Open World-RPGs.
Hannes: Ich habe die Bokblin-Skelette so satt. Entweder liegt das Hyrule aus The Legend of Zelda: Breath of the Wild zu nahe am Nordpol oder ich habe das Glück, wirklich nur in der Nacht unterwegs zu sein. Und dann kriechen die Knochen-Nerver wieder einmal aus dem Boden hervor und ich muss meine Wanderung zum nächsten Schrein abermals unterbrechen. Muss das denn wirklich sein? Warum sind Nächte in Open World-Spielen nur immer so lästig? Linda, sag du doch auch mal was!
Linda: Lästig oder eher … herausfordernd! Mit dem Wissen, dass mir auf meinen nächtlichen Streifzügen durch Hyrule wandelnde Skelette an den Kragen wollen, bin ich dazu gezwungen, mir fix eine Herberge oder ein Lagerfeuer zu suchen. Und wenn ich keine finde, muss ich mein Abenteuer beim nächsten Mal eben besser planen. Die Gefahren, die die Nacht in Breath of the Wild und vielen anderen Open World-Titeln wie Dragon's Dogma oder Final Fantasy 15 in die Spielwelt spült, machen das Abenteuer doch spannender!
Hannes: Ich mag meine Herausforderungen auch bei Tageslicht, dafür möchte ich nicht bis 2 Uhr nachts warten müssen. Die Idee, in der Dunkelheit die ganz harten Fieslinge loszulassen, finde ich arg überstrapaziert und in Sachen Spieldesign auch ein bisschen einfallslos. Denn wenn die Nacht schon anspruchsvoller werden soll, warum geschieht das denn nicht schon allein durch die Tatsache, dass ich Gegner weniger gut ausmachen kann und ich auf bestimmte (nun schlafende) NPCs wie Heiler und Händler nicht zurückgreifen kann?
Final Fantasy 15 übertreibt es hier mit seinen plötzlich erscheinenden, hochleveligen Monstern schamlos. Tagsüber bekomme ich natürliche Fauna geboten und nach Mitternacht werden zufällig Brutalo-Ritter gespawned. Das finde ich sehr inkonsistent.
Linda: Im Fall von Final Fantasy 15 fügen sich die Brutalo-Ritter aber perfekt in den erzählerischen Kontext des JRPGs: Die Nacht ist das zentrale Thema in Final Fantasy 15. Die Welt von Eos droht im ewigen Dunkel zu versinken, in dem die sogenannten Daemons die Vorherrschaft übernehmen. Dass der Eisengigant und andere finstere Kreaturen im Vergleich zu den tagaktiven Biestern so mächtig sind, macht diese narrativ gerahmte Bedrohung auch spielerisch spürbar.
Noctis und seine Kumpels haben zwar einiges auf dem Kasten, sind aber keine übermächtigen Superhelden - ebenso wie Link, übrigens. Und das zu wissen, macht für mich einen Großteil des Reizes eines Open World-Abenteuers aus. Wenn ich schon am Tage alles entdecken, erobern und besiegen kann, dann sollen mich zumindest die Nacht und ihre Gefahren zügeln.
Hannes: Wenn die Nacht in Final Fantasy 15 wirklich das zentrale Thema sein soll, dann ist es aber relativ leicht, der Dunkelheit aus dem Weg zu gehen. Ich habe ganz bewusst darauf verzichtet, mir nach der Abenddämmerung noch irgendetwas vorzunehmen und bin direkt schlafen gegangen. Die Nächte waren in meinen Augen eine unnötige Gängelei und ziemlich ermüdend (haha). Einfach nur starke Gegner rauszupusten, steigert nicht den Schwierigkeitsgrad, sondern senkt nur die Frustschwelle.
Linda: Anderes Beispiel: Dragon's Dogma. Hier bringt die Nacht vor allem spielerische Abwechslung. In dem ohnehin schon überaus schweren RPG schien es mir, als breite sich nach Sonnenuntergang die Hölle aus - und das war mir während meiner Reise durch Grand Soren mehr als Recht. Nach Einbruch der Nacht umschlang die Finsternis meinen Helden und seine Begleiter vollkommen. Plötzlich konnte ich Wege nicht mehr erkennen, Feinde, die auf den Feldern und Büschen daneben lauerten schon gar nicht. Zombies sprossen wie Schlingpflanzen aus dem Boden und wollten mir an den Kragen. Und hatte ich kein Öl mehr für meine Lampe übrig, war ich sowieso verloren. Dragon's Dogma forderte mich in der Nacht auf eine ganz andere Art und Weise heraus. Eine Bereicherung für meine Spielerfahrung!
Hannes: Und das finde ich ja auch großartig! Das meinte ich ja damit, dass die Nacht auch auch anders integriert werden kann und keine stärkeren Monster braucht. Allein die neue Atmosphäre sollte schon dafür sorgen, dass wir es ein bisschen mit der Angst zu tun bekommen, wenn wir nachts noch unterwegs sind. In den The Elder Scrolls-RPGs habe ich es immer geliebt, unter dem Sternenhimmel noch ein paar Höhlen aufzusuchen, das hatte seinen ganz besonderen Reiz.
Und ich habe auch gar nichts gegen Gegner, die nur in der Nacht auftauchen und denen ich dann nach Sonnenuntergang auflauern muss, wenn es die Sammelquest oder der Jagdauftrag verlangt. Nur nervt mich dieses Hin und Her zwischen verschiedenen Schwierigkeitsgraden, weil ich ja ohnehin nie ein Zeitgefühl in Open World-Spielen habe. Ich weiß selten, ob es morgens um 7 Uhr ist oder eigentlich schon Zeit für Kaffee und Kuchen wäre. Fast immer kommt die Nacht unvorbereitet, plötzlich und ungünstig. Vor allem dann, wenn der Tag/Nacht-Zyklus nur 10 Minuten dauert.
Linda: Na, zum Glück ist das Nachtwandern in den meisten Open World-Spielen optional. Ob wir uns den Gefahren stellen oder uns ins weiche Federbett hauen, meditieren oder die Zeit einfrieren und bis zum Morgengrauen warten, bleibt am Ende uns überlassen.
Hannes: Ich bin und bleibe auf jeden Fall Frühaufsteher, wenn es um Open Worlds geht.
Was meint ihr: Seid ihr Freunde der Nacht oder nerven euch die dunklen Stunden?
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