Zelda-like, Bird Souls, Indie im Ghibli-Look, in den vergangen Wochen wurde Death's Door (teils zurecht) in so manche Schublade gesteckt. Doch lassen wir Vergleiche außen vor, ist es schlicht und ergreifend ein verdammt gutes Action-Adventure aus der Iso-Perspektive mit bezaubernder Optik, schwarzem Flattermann in der Hauptrolle und einem fordernden, aber nahezu durchweg motivierenden Schwierigkeitsgrad.
Anders formuliert: Das von Mark Foster und David Fenn (Titan Souls) entwickelte Spiel ist bislang der Xbox-Überraschungshit des Jahres, den ihr als Genre-Fans unbedingt auf eure Wunschliste schreiben solltet. Im GamePro-Test haben wir uns nämlich dabei erwischt, die ca. 10 bis 15 Stunden bis zum Abspann wohl zu portionieren. Schließlich sollte vom spaßigen Spielehappen, auf den wir uns bereits am frühen Morgen freuten, auch am kommenden Abend noch etwas übrig bleiben. Ein Lob, wie es größer kaum sein könnte.
Eine Krähe als Sensenmann
In Death's Door schlüpft ihr in die Rolle einer kleinen Krähe und spielt Gevatter Tod, sollt im Auftrag einer Behörde die Seelen der Lebenden eintreiben. Damit ihr aber nicht über die ganze Welt flattern müsst, öffnen sich in der Oberwelt nach und nach Türen zu den einzelnen Leveln.
Ihr könnt euch das Ganze als eine Art Hub vorstellen. Durch Tür eins geschlüpft, eine super kurze Ladezeit abgewartet, landet ihr flugs auf einem Friedhof, eurer ersten Station. Kommt ihr übrigens in den verwinkelten Arealen voran, öffnen sich weitere Türen, die ihr von der Behörde aus besuchen dürft.
Doch zurück zum Friedhof: Hier sollt ihr euch mit einem Schwert bewaffnet eine Riesenseele schnappen. Bosskampf-Zeit! Die kreativen Duelle gegen Ranken schwingende Riesenpflanzen oder gepanzerte Ritter sind ein absolutes Highlight von Death's Door, kommen abseits vom Ende wohl portioniert daher, sind fordernd, aber bei weitem keine Dark Souls-Brocken. Das könnt ihr übrigens auf das komplette Spiel übertragen.
Technik auf der Series X: Während des Tests kam es zu keinen größeren Bugs und auch von Abstürzen sind wir verschont geblieben. Einzig ein Gegner wollte sich die Spielwelt wohl einmal von unten anschauen. Solch ein kleiner Fehler war jedoch die einzige Ausnahme, denn auch mit der Bildrate (60 fps) hatten wir keinerlei Probleme.
Den Boss gelegt, die Seele geerntet, passiert jedoch, was nicht passieren darf: Ein Unbekannter stiehlt die so kostbare Ware. Zwar könnt ihr den Guten kurze Zeit später fassen, die Seele hat der Fiesling jedoch in die namensgebende, fest verriegelte Death's Door geworfen, die mysteriös über einer Klippe schwebt. Und um die recht simple "töte drei Oberbosse, um die mysteriöse Tür zu öffnen"-Geschichte hier abzukürzen, Death's Door lebt erzählerisch von seinen fantastischen Nebenfiguren und auch von den kleineren Geschichten, die innerhalb der jeweiligen Türen bzw. Spielwelten erzählt werden.
Thematisch drehen sich die Geschichten um das Thema Sterben und die Angst vorm Tod. Doch was hier trist und düster klingt, wird mit einem Ghibli-esken Charme und einer großen Prise Humor in Textboxen ohne Sprachausgabe erzählt.
So sind wir beispielsweise während unserer Reise auf Jefferson getroffen, einen Kraken, der sich auf dem Rücken eines toten Seemanns als Mensch ausgibt und uns köstliche Suppe serviert. Oder eine Bardin, die unsere Heldentaten musikalisch festhalten möchte, aber selbst von Rittersporns Textgut übertroffen wird. Diese Momente haben uns mehrere Male herzhaft zum Lachen gebracht und an alte LucasArts-Zeiten erinnert.
Spaßig, fordernd, motivierend: Am Gameplay gibt's nur wenig zu Kritteln
Im Fokus von Death's Door stehen die wunderschönen, recht verwinkelten Areale, die euch für die Erkundung mit Boni, Waffen und optionalen Minibossen belohnen. Im eisigen, mit Holzbrücken durchzogenen Schneegebirge oder grünen Ruinenlandschaften erwartet euch aber auch ein überaus motivierender Gameplay-Mix aus fordernden Kämpfen gegen eine Vielzahl diverser Gegner und recht seichten Puzzle-Einlagen.
So wird gekämpft: Anfangs seid ihr lediglich mit Schwert und Bogen ausgerüstet, weicht den Attacken eurer Feinde mit einer flinken Rolle aus und greift von nah oder fern an. Eine Ausdauerleiste gibt es nicht, dafür einen netten Gameplay-Twist mit Blick auf eure Fernkampfangriffe. So dürft ihr lediglich viermal mit dem Bogen schießen und müsst dann mit einem Nahkampfangriff eure Munition wieder auffüllen. Dieser Kniff ist ganz hervorragend, da sich die Scharmützel dadurch schön dynamisch spielen.
Generell machen die Kämpfe einen Heidenspaß, zwingen euch aufgrund weniger Lebenspunkte zur Vorsicht und zum taktischen Vorgehen. Auch werden sie im Verlauf des Spiels dank immer neuer Gadgets wie beispielsweise einem Feuerball oder explosiven Bomben nicht langweilig. Wer hier übrigens befürchtet, nach dem Krähentod seine kostbaren Seelen zu verlieren: Keine Sorge, die dürft ihr behalten. Genutzt wird die Währung, um in der Behörde die Kräfte des Flattermanns zu erhöhen - stärkere oder schnellere Nah-und Fernkampfangriffe, mehr Agilität, das Übliche. Das Ganze kommt sehr, sehr gewöhnlich und fast schon ein wenig langweilig daher. Hier hätten wir uns mehr Abwechslung gewünscht.
Ein weiteres Manko sind die Nahkampfwaffen, die sich vom Dolch bis zum schweren Hammer recht ähnlich anfühlen, und manchmal wollte unser kleiner Held nicht in die Richtung schlagen, die wir für seinen Angriff vorgesehen hatten. Insgesamt ist all das jedoch Kritik auf sehr hohem Niveau. Überaus positiv ist hingegen wieder das optische Trefferfeedback, das kreativ ohne störende Lebensleiste über den Köpfen auskommt, dafür mit sichtbaren Spuren an den Körpern unserer Gegner deren Zustand visualisiert.
Seichte, spaßige Rätselei: Doch die fordernden, aber niemals unfairen oder zu schweren Kämpfe sind nur ein Teil von Death's Door. Um in den Arealen praktische Abkürzungen freizuschalten oder euch den Weg zum Bosskampf zu ebnen, müsst ihr öfter kleine Knobeleien meistern. Aber keine Sorge, The Witness-artige Hirnverknotungen werdet ihr hier keine bekommen. Die Rätsel sind intuitiv und ähneln mehr den älteren Zelda-Spielen wie Link's Awakening. So müsst ihr Fackeln in der richtigen Reihenfolge anzünden oder Plattformen korrekt anordnen. Mehr als 20 Sekunden werdet ihr hier kaum über die Lösung grübeln.
Eine weitere Rätselkomponente entsteht zudem durch einen leichten Metroidvania-Ansatz des Spiels. Habt ihr nämlich im Verlauf der Handlung erst die Bombe freigeschaltet, lassen sich damit Mauern sprengen, wodurch ihr die Spielwelt weiter erkunden dürft und dabei auf Geheimnisse stoßt. Für den ein oder anderen wäre speziell in den größeren Leveln vermutlich eine Karte hilfreich gewesen, uns hat das Fehlen einer solchen allerdings nicht gestört, da wir uns so mehr mit der Spielwelt beschäftigt haben. Geschmackssache, wie so oft.
Dieser Mix aus fordernden Kämpfen, intuitiven Rätseln und einladender Erkundung der Spielwelt wurde uns zu keiner Sekunde langweilig. Ja, das Schema von spawnenden Gegnerwellen, die wir erst besiegen müssen, damit sich der Weg öffnet, wiederholt sich oft. Jedoch gleichen die Gegnervielfalt und der motivierende Grad der Herausforderung dieses Manko problemlos aus.
Ein Spiel wie aus einem Guss
Abschließend müssen wir noch ein paar Worte über das so wohlige Gefühl verlieren, das wir bei Death's Door von der ersten Sekunde an hatten. Nicht nur hat das Indiestudio Acid Nerve eine wunderschöne Spielwelt gebastelt, die mit humorvollen, sympathischen und mysteriösen NPCs gefüllt ist. Auch in Sachen Atmosphäre - allen voran die zwielichtige, in schwarz-weiß gehaltene Oberwelt - bis zum fantastischen Soundtrack wirkt Death's Door wie aus einem Guss.
Dass man eine tolle Musikauswahl vor sich hat, merkt man oft, wenn man im Level innehält und einfach nur den bezaubernden orchestralen Klängen lauscht. Wir haben uns jedenfalls häufig dabei ertappt, einfach still in der Gegend zu stehen, obwohl wir eigentlich auf zum nächsten Boss wollten. Ihr seht, wir hatten eine verdammt gute Zeit mit dem so charmanten wie motivierenden Action-Adventure, das sicher auch am Ende des Jahres in unseren Highlights auftauchen wird.
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