Blueberry: Vergangenheitsbewältigung mit bittersüßem Zuckerguss

Im Plattformer Blueberry helft ihr der Protagonistin, ihre Vergangenheit zu bewältigen – über den Baum des Lebens, von der Kindheit bis zum Tod.

Protagonistin Blueberry versucht die Bruchstücke ihrer Vergangenheit zusammenzusetzen und reist durch die Zeit. Protagonistin Blueberry versucht die Bruchstücke ihrer Vergangenheit zusammenzusetzen und reist durch die Zeit.

Genre: Plattformer Entwickler: Mellow Games Plattform: Nintendo Switch, PC Release: noch kein Releasedatum Mental-Health-Thematik: Depression, Suizid

Obwohl der narrative Plattformer Blueberry mit seiner bunten Grafik und dem zuckersüßen Kind Blueberry zunächst niedlich wirkt, erzählt er eine sehr erwachsene und verstörende Geschichte, die Themen wie Depressionen, Alkoholismus, psychische Gesundheit, Armut und Suizid behandelt. Laut Mellow Games ist das Spiel ausdrücklich nicht für jüngere Spieler*innen geeignet.

Contentwarnung: Die Artikel der Mental-Health-Woche befassen sich mit verschiedenen Aspekten mentaler Gesundheit und beinhalten mitunter auch Beispiele negativer Emotionen und ungesunder Verhaltensweisen, die bei manchen Menschen negative Reaktionen auslösen können. Bitte seid vorsichtig bei Texten, die potenziell triggernde Themen für euch enthalten.

Wichtiger Hinweis: Falls ihr selbst Depressionen oder selbstzerstörerische Gedanken habt: Ihr seid nicht allein. Holt euch bitte Hilfe. Zum Beispiel bei der Deutschen Depressionshilfe unter 0800/33 44 533 oder bei kostenlosen Beratungsstellen.

Wenn du selber mal Kinder hast …

Blueberry befasst sich mit dem gesamten Leben der gleichnamigen Protagonistin, legt dabei aber viel Fokus auf die Beziehung, die sie zu ihrer eigenen Mutter hatte. Wir starten das Spiel mit einigen Momentaufnahmen von Blueberry als erwachsene Frau. Sie ist inzwischen selbst Mutter und bringt ihren Sohn im Kleinkindalter zu Bett. Doch kaum hat sie das Kinderzimmer verlassen und ihr Badezimmer betreten, wird sie von bedrückenden Erinnerungen heimgesucht, die sich als kleiner, gehörnter Taucher manifestieren.

Flucht unmöglich: Und offenbar ist es nicht das erste Mal, dass das gerade einmal hüfthohe Schreckgespenst unvermittelt erscheint. Sie versucht, ihm zu entkommen und gerät dabei in einen echten Albtraum. Die Wände verändern ihre Farbe und Wasser beginnt darin immer höher zu steigen. Blueberry muss schneller sein als die Flut und springt von Wandbrett zu Wandbrett, immer höher, doch es ist aussichtslos. Am Ende bleibt ihr nichts als pure Verzweiflung und sie beginnt, bitterlich zu weinen.

Panisch wacht sie auf und eilt zu dem Zimmer ihres Kindes, wo sie dieses friedlich schlafend vorfindet. In dem Moment wird ihr klar, dass es so nicht weitergehen kann, dass sie sich nicht länger von ihrer Vergangenheit definieren lassen darf und sich ihr stellen muss.

Blueberry - Ein narrativer Plattformer über die Vergangenheitsbewältigung Video starten 0:32 Blueberry - Ein narrativer Plattformer über die Vergangenheitsbewältigung

Das Puzzle des Lebens: Wir dürfen ihr dabei helfen, indem wir aus jeder Lebensphase verschiedene Puzzleteile freischalten und einsammeln, die dann zusammengefügt werden. Dabei gibt es neben den Jump&Run-Passagen, die uns eine Art Baum, welcher Blueberrys Alter entsprechend designt ist, hochspringen lassen, auch verschiedene Minispiele zu meistern. Beispielsweise dürfen wir eigenhändig auf einem Whiteboard eine Sprungroute für Blueberry zeichnen oder im Supermarkt möglichst viele Packungen Kekse in den Einkaufswagen der Mutter schmuggeln. Einzelne Herangehensweisen lassen sich dabei variieren.

Auch Armut wird in Blueberry thematisiert. Hier weint die Mutter, weil sie an der Kasse nicht genug Geld dabei hat, um alle Waren zu bezahlen. Auch Armut wird in Blueberry thematisiert. Hier weint die Mutter, weil sie an der Kasse nicht genug Geld dabei hat, um alle Waren zu bezahlen.

Beginnend mit der Kindheit erleben wir die Welt durch die Augen der aufgeweckten Blueberry, die schon viel zu früh mit belastenden Inhalten aus dem Leben ihrer Mutter konfrontiert wird. Diese muss hart arbeiten, um für den gemeinsamen Lebensunterhalt zu sorgen und schleppt einige andere Probleme mit sich herum. Bei all dem Stress vernachlässigt sie ihre Tochter; vergisst ihr etwas zu Essen zu geben, betrinkt sich am Küchentisch und wird am Telefon schnell wütend. Blueberry versteht vieles davon natürlich noch nicht, und versucht auf ihre Art, der Mutter und sich selbst zu helfen.

Konfliktlösung auf Kinderart: Mama bekommt schlechte Laune, wenn das Telefon klingelt? Also hüpfen wir als Blueberry zur Buchse und ziehen den Stecker. Mama benimmt sich seltsam, wenn sie Wein getrunken hat? Gut, dann klauen wir die Flasche vom Küchentisch und entsorgen sie. Blueberry ist traurig und hungrig? Da helfen Kekse und Saftpäckchen, die aber immer ganz oben in der Küche stehen. Mithilfe von Töpfen, Pfannen und was das Mädchen sonst noch zum Stapeln auftreiben kann, verschafft sie sich Zugang zu den begehrten Cookies. Dass dabei die halbe Küche verwüstet wird, ist ein hinzunehmendes Übel.

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Was gefällt uns, was nicht?

Da Mellow Games derzeit noch auf der Suche nach einem Publisher sind, ist noch kein Releasezeitraum bekannt und die Demo steht Interessierten bisher nur auf Englisch zur Verfügung, eine deutsche Fassung ist aber geplant.

Pro
  • wunderschöner Grafikstil
  • empathische Geschichte
  • glaubhafte Protagonistin
  • originelle Umsetzung
Contra
  • nur auf Englisch (deutsche Lokalisierung geplant)

Fazit der Redaktion

Nele Wobker
@ElenRekbow

Ich hatte ein tolles Interview mit Mellow-Games-Gründerin Mel Taylor und folge ihr außerdem auf Twitter. Darüber durfte ich schon viel über das Spiel erfahren und habe zudem die Demo mehrmals gespielt. Wie viele Videospiele gibt es schon, in denen man tatsächlich auch mal ein Kind oder eine Mutter spielen kann? Die aufrichtig von Problemen wie Armut und Mutter-Tochter-Beziehungen erzählen? Die ganz natürlich berührend sind, ohne dabei gezwungen auf die Tränendrüse zu drücken?

Die Demo hat meinen positiven Ersteindruck nicht nur bestätigt, sondern noch weit übertroffen. Auch aus persönlichen Gründen hat Blueberry mit seinen Thematiken und seiner hübschen Optik mein Herz im Sturm erobert und dass, obwohl ich eigentlich kein sonderlich großer Plattformer-Fan bin. Ich kann den Release jedenfalls kaum erwarten!

Eine wichtige Bitte: Da es sich bei unseren Artikeln aus der Mental Health-Woche um sensible Themen handelt, die uns beim Schreiben teilweise viel abverlangt haben, bitten wir euch an dieser Stelle ganz besonders um eine freundliche und verständnisvolle Kommentarkultur. Vielen Dank und viel Spaß beim Lesen!

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