Warum Assassin's Creed Valhalla ein Albtraum für Completionists ist

Warum Assassin's Creed: Valhalla Komplettist*innen an ihre Grenzen bringen kann, erzählt unsere Freie Autorin Nele.

Assassin's Creed: Valhalla kann für Leute, die Spiele gerne komplettieren, ein Horror sein. Assassin's Creed: Valhalla kann für Leute, die Spiele gerne komplettieren, ein Horror sein.

Wunderschöne, epische Spielwelten, gefüllt mit allerlei Geschichten, Aufgaben und Dingen - das ist Assassin's Creed: Valhalla. Klingt gut, oder? Doch genau diese riesige Welt mit all ihrem Drumherum ist für mich zeitweise zum absoluten Albtraum geworden. Warum? Das erkläre ich euch in dieser Kolumne.

Spoiler: Dieser Artikel beinhaltet Infos zu einzelnen legendären Ausrüstungsgegenständen.

Sammelwahn

Nicht falsch verstehen, ich mag Assassin's Creed: Valhalla sehr und Eivor ist mein bisher allerliebster Hauptcharakter des AC-Franchises überhaupt, aaaber … Legendäre Tiere, Weltereignisse, Fliegende Papiere, Steinmännchen, Tränensteine, Fliegenpilze, Fischen, Jagen, Fluchzeichen, Animus-Anomalien, Eiferer, Drengr, Menhire-Steinkreise, Töchter Lerions, Opfer-Altare, Waffen, Rüstungen, usw. … sind wirklich zu viel.

"Selbst Schuld!" wird manch eine*r jetzt sagen, denn: "wenn du da keinen Bock drauf hast, dann lass es halt. Ist alles optional". Das stimmt nur halb. Zum einen fällt es mir als Komplettistin enorm schwer, auch mal ein Symbol auf der Karte zu ignorieren und zum anderen ist das mit der Optionalität auch nicht ganz richtig.

Viele der Aufgaben im Spiel greifen ineinander, was eigentlich sehr schön ist. Die Welt fühlt sich rund an, weil alles irgendwie zusammenhängt oder uns zumindest Vorteile bringt. Entscheidend hierbei ist, unabhängig vom Drang des Completionists jede noch so kleine Quest zu erfüllen, das erklärte Ziel.

Das eine Schwert

In meinem Fall lautete eines dieser erklärten Ziele, das legendäre Schwert Excalibur zu finden. Dieses, so besagte das Internet, ist eine der mächtigsten Waffen im Spiel. Für den ein oder anderen Bossfight also durchaus eine feine Sache, möchte man glauben. Außerdem erhalten Spieler*innen die Trophäe "Excalibur". Da ich nicht nur Komplettistin bin, sondern auch Gelegenheits-Trophyhunter, wurde das Schwert für mich also umso attraktiver.

"Okay, also los. Was muss ich machen, um das Ding zu bekommen? Ein paar Tafeln sammeln und drei spezielle Eiferer umhauen. Easy!"

Einige Tafeln hatte ich schon beisammen, von den drei Eiferern fehlten noch die beiden stärkeren. Tollkühn wagte ich mich zunächst an "Heike" heran - und wurde gnadenlos fertiggemacht. "Shit! Okay, okay, kein Problem. Dann level ich Eivor erst noch ein bisschen hoch und versuche es wieder. EP müssen her." Wie bekommt man die in AC:V am schnellsten? Richtig, einfach Aufgaben von der Karte erfüllen.

"Ich soll WAS machen, um Thors Helm zu bekommen?" "Ich soll WAS machen, um Thors Helm zu bekommen?"

Eigentlich hatte ich mir schon in AC: Odyssey ganz hart abgewöhnt, jede verdammte generische Sammelnebenquest zu machen. Aaaber … ich wollte nun mal dieses Schwert. Also wühlte ich mich durch Weltereignisse, stapelte Steine, zerstörte Fluchzeichen und nahm mir so ziemlich jedes Symbol auf der Karte vor. Viele, viele, viele (!) Spielstunden später und um einige Stufen gewachsen, ließ ich Eivor noch einmal gegen Heike antreten. Dieser erwies sich zwar noch immer als harter Gegner, doch schließlich obsiegte Eivor. "Hrothgar" war dann auch kein Problem mehr.

I've got the power!

Mit stolzgeschwellter Brust stellte ich fest, wie herrlich viel Power mein Eivor inzwischen bekommen hatte. Happy machte ich mich auf zur Höhle, deren Position ich ebenfalls nur aus dem Internet kannte. Den Eingang zu entdecken, gestaltete sich dann dennoch als unerwartet schwer. Rabe Synin, so wohlklingend der Name auch sein mag und so hübsch anzusehen der Vogel auch ist, brachte mir hierbei mal wieder nichts.

Synin ist Eivors ständige Begleiterin. Im Vergleich zu Adler Ikaros aus AC Odyssey hat der Rabe aber nur wenig Praktisches beizutragen. Synin ist Eivors ständige Begleiterin. Im Vergleich zu Adler Ikaros aus AC Odyssey hat der Rabe aber nur wenig Praktisches beizutragen.

Nach einiger Zeit des Herumirrens war mein Lieblingswikinger dann aber schlussendlich im Inneren angelangt und stellte sich einer Reihe nervtötender Tauch-, Kletter- und Hüpfpassagen. Zum ersten Mal fragte ich mich still, ob's das wirklich wert ist und sah mir meinen entschlossen dreinblickenden Eivor an. "Wo wir nun schon mal hier sind ..." schien dieser zu denken. Also steuerte ich ihn zu den geheiligten Steinsäulen ... um entsetzt festzustellen, dass mir doch noch zwei Tafeln fehlten. Ermüdet ließ ich Eivor via "Fahrstuhl" aus der Höhle aufsteigen. "Was sind schon zwei Tafeln im Vergleich zu allem, wofür ich bereits Stunden geopfert habe?" Also auf zu den "Höhlen der Prüfungen", denn dort bekommt man die Tafeln.

"Noch mehr Prüfungen ..." "Noch mehr Prüfungen ..."

Eines vorweg: Höhlen der Prüfungen prüfen nichts, außer die eigene Geduld. Teils sind diese auch vollkommen unsinnig gestaltet. Beispielsweise steht Eivor vor einem mit Giftgas durchtränkten Bereich. Schon längst die Fackel hineingeworfen und das Gift verpuffen lassen, tut Eivor bedeutungsschwanger kund "Ich darf mir keine Fehler erlauben". Umso bescheuerter, wenn direkt hinter dem Bereich zufällig Heilpilze wachsen. Lustig ist auch, wenn ein weiteres Areal einer solchen Höhle betreten wird und selbst Eivor entnervt "Noch mehr Prüfungen ..." seufzt. Da fragt man sich doch, ob sich die Entwickler*innen der Schikane, welcher sie die Spieler*innen aussetzen, nicht sogar bewusst sind.

Auch Eivor scheint sich nicht sicher zu sein, ob das Teil die Mühen wirklich wert war. Auch Eivor scheint sich nicht sicher zu sein, ob das Teil die Mühen wirklich wert war.

Ernüchternd: Tafeln endlich beisammen, zurück zur "scheiß Höhle mit dem kack Schwert". Ja, man wird mit der Zeit ausfallend.
Da war es nun, das sagenumwobene Schwert Excalibur oder wie es in ACV heißt: Caledbulch. "Muss ja ein krasses Teil sein, bei dem Aufwand, den ich betrieben habe, um es zu bekommen. Also, was kann es, was kann es? Es ähm … leuchtet!?" Ja, und zwar so grell, dass dies die erste Waffe im Spiel war, bei der ich überlegte, ob ich sie nicht lieber ausblende. Kurzum: Mich überzeugte der träge Glitzerzweihänder nicht.

Da muss Luft ran!

Was stimmt nicht an diesem Bild? Was stimmt nicht an diesem Bild?

Apropos Ausblenden: Viele der zeitaufwändigsten Sammelaufgaben, wie beispielsweise das Jagen oder Einfangen von Fliegenden Papieren, gewähren als Belohnung kosmetische Veränderungen, darunter neue Tattoovorlagen. Schön und gut, vorausgesetzt, man möchte Eivor gerne nackig durch Nordvege & Englaland hüpfen lassen. Denn ausgenommen der Gesichtstätowierungen, bekommen wir alle anderen mühsam erspielten Belohnungen an Eivors Körper ansonsten nicht zu sehen. Als Completionist will/braucht man sie natürlich trotzdem.

Bei Fliegenden Papieren, Steinmännchen & Animus-Anomalien besonders problematisch: Entweder man kann es, oder geht leer aus. Nicht allen liegen diese Miniquests. Ein leichter Modus wäre hier hilfreich gewesen und hätte Frustmomente verhindert. Bei Fliegenden Papieren, Steinmännchen & Animus-Anomalien besonders problematisch: Entweder man kann es, oder geht leer aus. Nicht allen liegen diese Miniquests. Ein leichter Modus wäre hier hilfreich gewesen und hätte Frustmomente verhindert.

Gib' mir Craft-ing: Abgeschlossene Türen, deren Schlüssel sonst wo rumliegen, wo man nur einen kryptischen Hinweis auf irgedeinem Zettel findet oder auch Eingänge, die mithilfe von Ölvasen gesprengt werden müssen, finden sich in ACV zuhauf. Dahinter verbergen sich oft kleinere Truhen mit Crafting-Materialien. Diese wiederum werden benötigt um Eivors Ausrüstung zu verbessern. Wozu überhaupt craften? Wer Bossfights bestreiten möchte braucht nicht nur Skill, sondern profitiert auch von einer hochwertigen Rüstung & qualitativen Waffen. Alles hängt irgendwie zusammen. Wer hoch leveln will, muss möglichst viele Nebenquests absolvieren, so langatmig diese auch sind.

Vasen tragen: Manche Weltereignisse liefern schöne Nebenstories, andere ... nicht. Beispielsweise gibt es eines, bei dem ein Mann hinter seinen eigenen Dutzenden Soßen-Karaffen & Raumteilern eingeschlossen ist. Um ihn zu befreien, muss Eivor jedes Behältnis einzeln wegbefördern, was gefühlte Ewigkeiten dauert. Mehr nicht, das war's! Der Mensch ist frei und bedankt sich. Ein Engel, wem da nicht der Kragen platzt.

Nele Wobker
@ElenRekbow

Nele liebt opulente Open-World-Spiele, vorzugsweise mit klassischem Fantasy-Setting. Die gezeichnete Bogenschützin & gefühlte Schildmaid ist fasziniert von nordischer Mythologie und hat in Valhalla schon so ziemlich alles gemacht, was man nur machen kann. Wenn sie nicht gerade zockt oder ihre Wikinger-Bartaxt ölt, schreibt sie als Freie Autorin über alles rund um Videospiele.

Fazit

Problem ist die Zeit: Auf How long to beat wird Valhalla für Completionists mit rund 200 h Spielzeit angegeben. So sehr ich es auch liebe, mich in fiktiven Welten zu verlieren, möchte ich ein Spiel gerne irgendwann einmal beendet haben - und zwar komplett. Durch die immer wieder nachgelieferten Inhalte in AC: Odyssey war mir dies dort schon nicht wirklich möglich, was die Komplettierungsraten zum Spiel bestätigen. In Valhalla hingegen geht das rein theoretisch schon, aber alleine die Zeit die benötigt wird, um ein einzelnes Rüstungsteil zur Vervollständigung eines Sets zu bekommen, wie Thors Kapuze (für die man das Game im Prinzip schon durchgespielt haben muss), ist über die Maßen zu viel.

"Guck' dir mal den FÜSCH an!!!" Der Fischjunge in Eivors Siedlung wurde für mich innerhalb kürzester Zeit zum Hassobjekt, was nicht nur am nervenzermalmenden Angeln liegt. "Guck' dir mal den FÜSCH an!!!" Der Fischjunge in Eivors Siedlung wurde für mich innerhalb kürzester Zeit zum Hassobjekt, was nicht nur am nervenzermalmenden Angeln liegt.

Die Crux hierbei ist aber nicht die gigantische Open World, sondern dass nicht genug Ressourcen gestellt wurden, um diese mit Inhalten zu füllen. Sammelaufgaben lassen sich am schnellsten kreieren, da immer wieder auf ähnliche Mechanismen zurückgegriffen werden kann. Dem geschuldet sind auch Scheinrätsel wie ständig verbarrikadierte oder verschlossene Türen. Sie sollen Spieler*innen dazu animieren, sich länger in der Spielwelt aufzuhalten. Insgesamt lässt mich Valhalla durch zu viele Reifen springen, was mich jedoch nicht davon abhält, es für das bisher beste AC zu halten.

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